Babys brauchen keine Windeln?!!

Das klingt unmöglich? Unvorstellbar? Ziemlich weltfremd?

Es ist das normalste der Welt fern ab der Windelindustrie. Immerhin kamen die ersten Wegwerfwindeln erst in den 70er Jahren in deutsche Regale und auch das Waschen von Stoffwindeln war in Zeiten vor der Verbreitung von Waschmaschinen in den Haushalten wesentlich anstrengender als heutzutage. Und auch heute noch wachsen die Babys in vielen Kulturen der Welt auf, ohne je gewickelt zu werden. Immerhin ca. 70 % der Babys weltweit. Und das beste ist: Bei der hier vorgestellten Methode ist das Sauberbleiben des Babys nur angenehmer Nebeneffekt – es geht eigentlich um eine intensivierte Kommunikation zwischen Baby und Bezugsperson, die beiden
gut tut.

Und wie funktioniert das?

Die Antwort ist ganz simpel: Die Babys werden einfach abgehalten, wenn sie mal „müssen“ und können sich dann frei entleeren.

Abhalten - Was ist damit gemeint?

Klassische AbhaltepositionBabys signalisieren von Geburt an, wenn sie "mal müssen". Man kann auf diese Signale des Babys achten und ihm die Gelegenheit geben, sein Geschäft frei an einem passenden Ort zu machen und so sauber zu bleiben. In vielen Kulturen ist das gängige Praxis, so z.B. in Indien, China, Afrika und vielen anderen mehr. Hierzu hält man z.B. mit beiden Händen das Baby unter dessen Oberschenkeln so fest, dass es mit seinem Rücken am eigenen Oberkörper anlehnt. So ist das Baby gut gestützt und in einer bequemen Hockposition, in der es ganz einfach und sauber seine Notdurft verrichten kann. Es gibt aber auch noch viele andere Abhalte-Positionen.

Für diese uralte Reaktion auf Babys Ausscheidungsbedürfnis gibt es noch viele weitere mögliche Abhaltepositionen und auch Bezeichnungen. Bekannte andere Namen hierfür sind z.B. auch Topffit, Windelfrei, Sauberbleiben, natürliche Säuglingshygiene und Elimination Communication (EC, übersetzt: Ausscheidungskommunikation). Windeln werden dabei meist nicht benutzt oder zumindest nicht als der richtige Ort für Babys Ausscheidungen angesehen sondern vielmehr als eine Art saugfähige Unterwäsche, die im Fall der Fälle einmal eine Panne auffangen kann.

Abhalten - Warum?

Es gibt vielen Gründe, warum sich Eltern für das Abhalten entscheiden. Der wohl wesentlichste ist, dass damit ein bestimmter Aspekt der Kommunikation des Babys - nämlich seine Ausscheidungsbedürfnisse betreffend - eben nicht einfach ausgeblendet oder übergangen wird. Die Idee ist, auf ALLE Bedürfnisse des Babys entsprechend zu reagieren und dem Babys so zu zeigen, dass es verstanden wird. Aber auch ökologische Aspekte sprechen dafür: wußten Sie, dass ein 2jähriges westeuropäisches Durchschnittskind, das in Wegwerfwindeln aufgewachsen ist, bereits genauso viel CO2 verbraucht hat wie der Durchschnittsbewohner Tansanias in seinem ganzen Leben? Und ist es zu der Streitfrage, ob nun Stoffwindeln wirklich ökologischer als Wegwerfwindeln sind nicht mal ein ganz pragmatischer Weg, den Windelverbrauch überhaupt zu reduzieren? Das spart auf jeden Fall Ressourcen und natürlich auch Kosten. Und für Babys wunden Punkt, den Popo, ists so auch am besten. Er ist eigentlich immer trocken und sauber und kann atmen - da wirds schwer, wund zu werden... Und dann ist da noch die Sache mit der Würde des Babys - ich meine mal ehrlich - für wen ist es nicht eine Art Horrorvorstellung, später als alter, pflegebedürftiger Mensch (wieder) in Windeln - ggf. also auch im eigenen Kot/Urin - sitzen zu müssen? Und unseren Babys soll das nicht auch unangenehm sein? Wer einmal gesehen hat, wie glücklich und zufrieden ein kleines Baby lächelt, nachdem es erfolgreich abgehalten wurde, der hat noch einen weiteren Grund gefunden :-)

Welche Vorteile bringt also das Ganze?

• respektvoller, natürlicher Umgang mit Babys Bedürfnis nach Sauberkeit
• verbesserte, alle Bedürfnisse des Babys umfassende Kommunikation, damit verbessertes Verständnis füreinander
• selbstbewusstere, zufriedenere Babys (deutlich häufigere Kommunikationserfolge, Baby fühlt sich richtig verstanden, hat viel mehr Erfolgserlebnisse)
• Umwelt- und Ressourcenschonung durch Reduktion von Windelmüll bzw. -Wäschen, incl. klimafreundlicher CO2-Ersparnis
• enorme Kostenersparnis
• weniger Koliken, da regelmäßigerer Stuhlgang (kein langes Zurückhalten)
• beste Prophylaxe gegen wunden Po
• kein Kontakt der Harnröhre mit Stuhl, damit auch Prophylaxe gegen Harnwegsinfekte
• einfaches Sauberhalten des Kindes – einfach Po abwischen und fertig
• kein Wickelkampf bei mobilen Babys
• kein Bewegungen störendes Windelpaket
• früher trockene Babys
• später kein mühsames Umlernen mehr nötig

Doch wie erkennt man, wann Baby „muss“?

Schon lange bevor die Kleinen sprechen können, zeigen sie uns mit Signalen ihre Bedürfnisse an. Sie schmatzen und
suchen mit dem Mund nach der Nahrungsquelle, wenn sie Hunger haben, fassen sich ans Ohr und reiben sich die
Augen, wenn sie müde sind. Und auch wenn sie „mal müssen“ zeigen sie uns dies mit Signalen an, die sich mit dem Alter
des Babys aber auch ändern können. Allerdings hören sie irgendwann auf, dieses Bedürfnis zu signalisieren, wenn
lange Zeit niemand darauf eingeht. Signale für das Ausscheidungsbedürfnis können beispielsweise sein:
• ein bestimmtes Quengeln oder Strampeln
• häufiges An- und Abdocken beim Stillen
• ein leerer, in die Ferne schweifender Blick,
• das getragene Baby versucht sich vom Arm oder aus der Trage herunter zu kämpfen
• das krabbelnde Baby kommt plötzlich angekrabbelt und will hochgenommen werden
• veränderte Atemfrequenz
• bestimmte Grunz- oder andere Laute
• bei größeren Babys: sich in den Schritt greifen oder zum Töpfchen/Badezimmer krabbeln/laufen
• nächtliches Erwachen oder Wechsel in den leichten Schlaf, mitunter unruhiges Umherwälzen.

Und wenn ich keine Signale bei meinem Baby erkennen
kann?

Dann hilft es, das Baby mal einige Zeit auf einer wasserfesten Unterlage ohne Windeln zu beobachten. Vielleicht entdeckt man so doch ein typisches Verhalten, wenn man genau sieht, wann es ausscheidet.


TIPP: Tragen Sie Ihr Baby viel. Beim Tragen signalisieren die meisten Babys besonders deutlich.


Und wenn ich trotzdem kein Signal erkenne?

Dann gibt es noch andere Möglichkeiten, dem Baby das freie Ausscheiden anzubieten: Timing, Kommunikation und Intuition sind unsere Helfer.


TIPP: Babys müssen oft in bestimmten Situationen (z.B. kurz nach dem Aufwachen, bei oder nach den Mahlzeiten, nach längerer Zeit im Tragetuch, nach der Autofahrt) und in – länger werdenden – Zeitrhythmen. Beobachten Sie, in welchen Zeitabständen (auch in Relation zu Aktionen wie z.B. Stillen) das Baby ausscheidet und versuchen Sie, darin einen Rhythmus zu erkennen (Timing). Nicht nur hierfür ist es sehr hilfreich auf Wegwerfwindeln zu verzichten und – wenn überhaupt – mit Stoff zu wickeln. Denn so erkennt man viel leichter, wenn das Baby gerade ausgeschieden hat. Babys Nieren arbeiten meist vormittags auf Hochtouren, nachmittags weniger und nachts auf Sparflamme. Auch kann Baby lernen, sich gezielt zu entspannen und „es dann laufen zu lassen“, wenn ihm mit einem bestimmten Schlüssellaut während des Abhaltens signalisiert wird, dass es sich jetzt frei entleeren kann. Auch ein Handzeichen ist hilfreich –
Babys können einfache Handzeichen schon mit 7 Monaten nachmachen. Manchmal kommunizieren Babys mit uns auch,
ohne dass uns dies unbedingt bewusst wird (Intuition). Wenn Sie also plötzlich denken, Ihr Baby muss gerade oder
sich fragen, warum Sie eigentlich gerade ins Badezimmer laufen, dann sollten Sie Ihr Baby sofort abhalten.

Brauche ich besonderes Zubehör?

Nein. Es ist aber sehr hilfreich, die Kleidung und ggf. das Windelsystem des Babys so zu vereinfachen, dass man das Baby ohne große Entkleidungs- und Wickelaktionen rasch abhalten kann. Zum einen können gerade kleine Babys nicht sehr lange anhalten, wenn sie gerade mal müssen. Und zum anderen nerven häufige langwierige Auszieh-Abhalte-Wickel-Anzieh-Aktionen sowohl Baby als auch Betreuungsperson. Splitpants (Hosen mit offenem Schritt), Hosen mit Gummizug in der Taille oder mit knöpfbaren Beinen, Stulpen, Schlupfhemdchen, T-Shirts, Pullis und/oder offene bzw. seitlich geknöpfte Bodys sind vorteilhaft. Wenn Windeln benutzt werden, dann sollten sie möglichst aus Stoff sowie schnell, einfach und nicht nur am liegenden Baby (z.B. auch wenn Babys unterwegs auf Mamas Oberschenkel "sitzt'") anzulegen sein. Eine sehr umfangreiche und neutrale Infoseite über die verschiedenen Stoffwindelsysteme findet man unter www.naturwindeln.de. Auch spezielle Töpfchen für ganz kleine Babys (Asia Töpfchen) können hilfreich sein, damit man insbesondere nachts nicht jedes Mal einen langen Weg zum Badezimmer zurücklegen muss, wenn das Baby mal muss. 

So können Sie Ihr Baby rasch und stressfrei zur Toilette bringen, wann immer es nötig ist. Je besser die gegenseitige Kommunikation, desto seltener wird eine Windel benötigt.

Wann und wie beginnt man am besten?

Am besten sofort: einfach die Windeln weg lassen. Der Rest kommt von selbst... ;-)
Da viele Babys beim oder direkt nach dem Stillen ausscheiden und man sich beim Stillen ohnehin auf das Baby konzentriert, ist es häufig am einfachsten, mit dem Abhalten beim Stillen zu starten. Als Beginn sehr gut geeignet ist auch das Abhalten direkt nach dem Schlafen und beim Wickeln.
Günstigerweise sollte man vor Vollendung des 6. Lebensmonats beginnen. Ein späterer Beginn ist auch möglich, allerdings viel schwieriger, weil sich das Baby bereits daran gewöhnt hat, ohne große Signalgeberei still in die Windel zu machen.

Einige Abhaltepositionen zeigt Nicola Schmidt in ihrem Windelfrei-Blog.

Wichtig: Bleiben Sie immer liebevoll und entspannt in Bezug auf die Ausscheidungen des Babys. Wenn es eine Panne gibt, dann legen Sie das Baby kommentarlos aber prompt und liebevoll trocken. Pannen sind völlig normal und sollten nicht zu Stress führen.

Übrigens: Nicht die Babys müssen windelfrei lernen, sondern die Eltern. Babys können es bereits von Geburt an!

Noch mehr Details gibts z.B. in den folgenden Büchern:
  • Geborgene Babys von Julia Dibbern (hier im Shop erhältnich)
  • Topffit! von Laurie Boucke (hier im Shop erhältnich)
  • Es geht auch ohne Windeln! von Ingrid Bauer
und auf den folgenden Internetseiten:

Sie sind begeistert und wollen andere auf das Abhalten aufmerksam machen? Dann reichen Sie doch einfach unseren Info-Flyer weiter!